Ideen für das Zukunftsquartier Piek 17
StadtentwicklungWie kann der Gewerbestandort von morgen aussehen? Welche Nutzungen braucht die Überseestadt? Und wie soll der öffentliche Raum gestaltet werden? Nach einer Ortsbegehung brachten Anwohnerinnen und Anwohner, Waller Beiratsmitglieder sowie Interessierte ihre Vorschläge für das Zukunftsquartier Piek 17 ein. Bis zum 9. Oktober 2023 kann man sich auch noch online beteiligen.
Ein besonderes Gefährt zu einem besonderen Anlass: Mit dem Stadtmusikanten-Express ging es am 25. September von der Hochschule für Künste am Speicher XI A aus zur letzten freien Entwicklungsfläche der Überseestadt: dem neuen Wirtschaftsstandort Zukunftsquartier Piek 17. Vor Ort stießen weitere Bürgerinnen und Bürger mit dem Fahrrad hinzu. Valerie Hoberg, Sven Jäger und Ole Brennecke von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH führten die Gruppe zu Fuß über ein Terrain, das sonst nicht zugänglich ist.
Schuppen 17 und Hochwasserschutz
„Der Schuppen 17 gibt diesem Ort als besonderes Bauwerk seinen Charakter“, sagte Valerie Hoberg. „Diesen würden wir gerne stärken.“ Auch die Schienen im Boden und die alte Kajenmauer mit der Wildnis auf der anderen Seite, die vom ehemaligen Überseehafen übrig geblieben sind, seien für das Areal identitätsgebend und erhaltenswert. Bei den Überlegungen spielt aber nicht nur die Identiätsstiftung eine wichtige Rolle, sondern auch gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen sowie die Klimaanpassung. „Im Hinblick auf die Freiflächen sind Kühlung und Versickerungsflächen deshalb von essentieller Bedeutung“, so Hoberg.
Ihr Kollege Ole Brennecke ergänzte, dass bei der künftigen Gestaltung und Umnutzung auch der Hochwasserschutz zu berücksichtigen sei: „Die Höhe für den Hochwasserschutz liegt bei 2,70 Meter über der bisherigen Geländehöhe.” Entsprechend ist eine Schutzmauer in das Gelände zu integrieren. Die Planungsbüros sind dazu aufgerufen, Lösungen zu finden, damit diese Mauer nicht so prägnant ist.
Vom Kühlhaus zum Energiehaus
„Das wird kein 0815-Gewerbegebiet”, betonte Sven Jäger. Der neue Standort soll mit den angrenzenden Gebieten verbunden werden. „Ziel ist es, eine Pufferzone zu schaffen zwischen dem Wohn- und Mischgebiet auf der einen und dem Holz- und Fabrikenhafen auf der anderen Seite und darin die gewerbliche und öffentliche Nutzung zu vereinen.” Als weiteres markantes Bestandsgebäude schaute sich die Gruppe das ehemalige Kühlhaus an, das seit fast 30 Jahren leer steht. Dieses soll zum „Energiehaus“ umgenutzt werden und Unternehmen an der Hafenkante sowie im Holz- und Fabrikenhafen mit klimaneutraler erneuerbarer Energie in Form von Strom und Wärme versorgen.
Kühlhaus und Waller Sand zusammendenken
Zurück an der Hochschule für Künste begann der Workshop unter Federführung der begleitenden Planungsgesellschaft scheuvens + wachten plus aus Dortmund. In ihrer Einführung in die Thematik unterstrich Senatsbaudirektorin Prof. Dr. Iris Reuther, wie wichtig es sei, den Waller Sand und das benachbarte Kühlhaus „gut zusammenzudenken”. In diesem Zusammenhang stellte sie das Baufeld 11 an der Hafenkante vor. Dort setzt die GEWOBA auch in Abstimmung mit der BREBAU ein Projekt im Ergebnis des Wettbewerbs „Ungewöhnlich Wohnen – Kinder in der Stadt” um, in dem es speziell um die Wohn- und Lebensbedürfnisse von Kindern und Familien geht.
Simone Geßner, Referatsleiterin für Gewerbe- und Regionalplanung bei der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation hob das große Potenzial von Schuppen 17 als neue Quartiersmitte hervor, mit viel Raum für Angebote in den Bereichen Kultur, Kreativität, Freizeit und Sport, angebunden durch die Straßenbahn, die das Quartier zukünftig mit erschließt.
Ideenfindung in Kleingruppen
An vier Tischen wurde im Anschluss rege diskutiert. Die Teilnehmenden sammelten Vorschläge zu den Themen „Rahmenbedingungen der Entwicklung”, „Nutzungen und Nutzergruppen”, „Öffentlicher Raum und Grün” sowie „Gebäudebestand neu denken” und brachten ihre Wünsche und Anmerkungen vor. Die Ideen im Bereich Städtebau reichten von einer Brückenverbindung von Piek 17 nach Alt-Walle über Grünzüge, Fassaden- und Dachbegrünung, Gastronomie am Kühlhaus, einem Marktplatz, einer Strandmuschel für Konzerte bis hin zu einem Radweg, auf dem man das gesamte Quartier umrunden kann.
Brennende Themen
Themen, die wiederholt angesprochen und in ihrer Dringlichkeit hervorgehoben wurden, waren etwa eine gesicherte Gesundheitsversorgung durch Arztpraxen und Apotheken, Nahversorgung (Biomarkt, Drogeriemarkt, Floristen), Gastronomie, vor allem aber Kindergärten, Grundschulen, weiterführende Schulen, Turnhallen, ein Schwimmbad, ein Jugendfreizeitheim, Angebote für ältere Menschen beziehungsweise barrierefreie Angebote und verkehrsberuhigte Bereiche.
Mobilität und Grün
Beim Thema „Gebäudebestand neu denken” sprachen sich mehrere Teilnehmende dafür aus, den Charme des ehemaligen Hafens zu erhalten und den Ort nicht gesichtslos werden zu lassen. Gewünscht wurden zudem verschiedene Begegnungsorte zur Stärkung der Nachbarschaft sowie Freiflächen für Kunst und Kultur. Auch das Thema Mobilität nahm viel Raum ein: Unter anderem wurde über die Straßenbahnanbindung debattiert, Car-Sharing-Punkte sowie Ausleihstationen für Fahrräder und Lastenräder vorgeschlagen. Ebenfalls immer wieder im Fokus stand Grün in allen Variationen. Nicht nur am Tisch „Öffentlicher Raum und Grün” wurde der Wunsch geäußert, vorhandene Grünflächen zu erhalten und in der Zukunft weitere entstehen zu lassen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wer bei dem Beteiligungsverfahren nicht dabei sein konnte, hat nun die Möglichkeit, bis zum 9. Oktober 2023 online seine Vorschläge einzubringen. Am Ende fließen die Ergebnisse in einen städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb ein, bei dem ein unabhängiges Preisgericht die finale Entscheidung treffen wird. Im Spätsommer/Herbst 2024 sei mit dieser zu rechnen, teilte die Planungsgesellschaft mit.
Erfolgsgeschichten
Mit der Praxiseröffnung von Georgios Koukos erweitert das Unternehmen DRVN ab Januar 2025 sein medizinisches Angebot für die Überseestadt. Zuletzt hatte Orthopäde Detlef Frobese seinen Sitz in das neue Gesundheits- und Präventionszentrum unter dem Dach des Schuppen Eins verlegt.
Mehr erfahrenAls Kunstprojekt gestartet, hat sich das Bremer Start-up ooley mit seinen nachhaltigen Designsocken am Markt etabliert. Gestaltet wird im Schuppen Eins in der Überseestadt, produziert wird in Italien, verkauft wird in 150 Geschäften sowie online. Im Sortiment sind auch Sockenmotive mit Lokalkolorit, sei es die Weser oder der Grünkohl.
Mehr erfahren auf der WFB-WebsiteEinst herrschte im Überseehafen rege Betriebsamkeit. Wo Schiffe aus aller Welt an- und ablegten und Container verladen wurden, wächst heute die Überseestadt. In ihrem künstlerisch verdichteten Audiowalk lässt Regisseurin Katrin Bretschneider den ehemaligen Hafen durch Musik, Klänge, O-Töne und vereinzelte Bilder vor dem inneren Auge eine Zeit lang wieder auferstehen.
Mehr erfahren