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21.9.2023 - Daniela Krause

Kein Schiff wird kommen

Kultur

Eine Stadtrauminszenierung im ehemaligen Überseehafen

Einst herrschte im Überseehafen rege Betriebsamkeit. Wo Schiffe aus aller Welt an- und ablegten und Container verladen wurden, wächst heute die Überseestadt. In ihrem künstlerisch verdichteten Audiowalk lässt Regisseurin Katrin Bretschneider den ehemaligen Hafen durch Musik, Klänge, O-Töne und vereinzelte Bilder vor dem inneren Auge eine Zeit lang wieder auferstehen. Bis zum 1. Oktober 2023 können Interessierte Teil dieser Stadtrauminszenierung sein.

Mit geschlossenen Augen lauschen die Teilnehmenden den Audios.
Augen zu und lauschen. © Marianne Menke

Möwen kreischen, Schiffe tuten, Werkzeuge erklingen … Ist das noch Teil des Audiowalks oder dringen diese Geräusche gerade von außen durch den Kopfhörer? Diese Frage stellt man sich während der Stadtrauminszenierung von Katrin Bretschneider des öfteren. Die Autorin, Regisseurin und Produzentin hat mit ihrem Team für das Gelände des alten Überseehafens den interaktiven Hörspaziergang „Kein Schiff wird kommen“ entwickelt, der vom 21. September bis 1. Oktober 2023 an bestimmten Terminen (siehe unten) von der Blauen Manege aus beginnt. 

Die Lotsinnen in ihren Uniformen markieren mit einer Linie aus Wasser den Start. „Diese Linie ist nur für kurze Zeit sichtbar. Flüssig. Flüchtig. Vergänglich.” Gemeinsam überschreiten die Teilnehmenden die Linie. Sie tauchen ein in die Geschichte des Ortes und begeben sich auf Spurensuche. Auf dem Grund des alten Hafenbeckens sind nicht nur Steine und Sand, sondern auch Muscheln zu finden. Wer genau hinschaut, entdeckt Reste der Spundwand, an der zum Teil noch die Namen der Schiffe stehen, die hier zuletzt vertäut lagen. Die Kaje wird zu einem Zeitstrahl, und Claudia Seidel vom Hafenmuseum Bremen erzählt, wie geschäftig es damals im Überseehafen zugegangen ist: von der Eröffnung 1906, der Blütezeit und dem Niedergang. Denn im Jahr 1998 wurde das Hafenbecken zugeschüttet. Es war das Ende des Überseehafens und der Anfang der Überseestadt, einem der größten städtebaulichen Projekte Europas.

Eine Frau mit Kopfhörern blickt auf ein imaginäres Schiff am Horizont.
Die Vorstellungskraft des Publikums spielt eine ganz entscheidende Rolle bei der Stadtrauminszenierung von Katrin Bretschneider. © Christina Vogelsang

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Obwohl sich die Initiatorin für ihr Projekt durch diverse regionale Archive gewühlt hat, geht es ihr nicht allein um die Historie, sondern auch um die Gegenwart und die Zukunft des Ortes. „Ich betrachte alles immer aus der Künstlerinnenperspektive.” So sei „Kein Schiff wird kommen” als eine Mischung aus Führung und Theater zu verstehen, bei der das gemeinsame, aktive Erleben des Ortes im Mittelpunkt steht: „Ich möchte innere Bilder schaffen und das Publikum auf einer emotionalen Ebene ansprechen. Das funktioniert auch über poetische Elemente. Es wird aber nichts vorgeführt, und es gibt auch keine Schauspieler oder Kulissen. Hauptdarsteller ist der Ort in Verbindung mit der Vorstellungskraft der Teilnehmenden.” 

Der Startpunkt des immateriellen Denkmals "Shaking Hands With Ghosts" zur ehemaligen AG Weser.
„Shaking Hands With Ghosts” auf dem Areal der ehemaligen AG Weser: Dieser Audiowalk ist als immaterielles Denkmal für alle frei zugänglich. © Daniela Krause

Vorgängerprojekt „Shaking Hands With Ghosts”

Dieses Konzept hat schon einmal den Nerv des Publikums getroffen. Für ihre erste groß angelegte Stadtrauminszenierung „Shaking Hands With Ghosts”, die dank Umarbeitung heute in Form eines Hörspaziergangs mit dem Smartphone und eigenen Kopfhörern jederzeit auf eigene Faust unternommen werden kann, hatte Katrin Bretschneider das ehemalige Werftgelände der AG-Weser gewählt, auf dem sich heute die Waterfront befindet. Die Autorin ist eng mit diesem Ort verbunden. Ihre Eltern lernten sich auf der AG Weser kennen. Daher fließen ihre persönlichen Erfahrungen als Werftarbeiterkind ebenfalls in die Geschichte ein. Genau wie bei „Kein Schiff wird kommen” lässt sie auch hier Raum und Zeit für Fragen: „Was macht es mit mir, wenn ich hier stehe, an diesem Ort des radikalen Wandels? Was war, was bleibt, was ist in diesem Moment und was wird wohl noch kommen?” 

Termine für „Kein Schiff wird kommen“

21., 22., 23., 24. und 28. September, jeweils 18 Uhr
29., 30. September und 1. Oktober, jeweils 17.30 Uhr
Blaue Manege, Kommodore-Johnsen-Boulevard

Tickets unter www.nordwest-ticket.de, Telefon 0421/363636 und an der Abendkasse
nicht barrierefrei, festes Schuhwerk und wettergerechte Kleidung empfehlenswert

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