Musikszene Bremen: In der Überseestadt spielt die Musik
KulturIm Juli 2021 hat die Musikszene Bremen das ehemalige Zollamt am Hansator mit einem Erbbaurechtsvertrag übernommen. Andrea Rösler, Leiterin des Betriebsbüros, hat uns verraten, wie es für den Verein nun weitergeht – und warum die Räumlichkeiten in der Überseestadt bei Musikerinnen und Musikern so begehrt sind.
Die Musikszene Bremen e.V. verfügt über ein rares Gut. Zwei bis drei Anfragen von Musikerinnen und Musikern erhält der Verein jede Woche. Sie alle wollen einen der begehrten Proberäume im alten Zollamt am Hansator ergattern, landen aber zunächst auf einer langen Warteliste. „Die Anfragen reißen nicht ab, weil es einfach zu wenige Proberäume in Bremen gibt“, sagt Andrea Rösler, Projektkoordinatorin und Leiterin des Betriebsbüros.
Seit 2008 dient das ehemalige Zollgebäude in der Überseestadt als Heimathafen für Musikerinnen und Musiker aus Bremen: 300 Vereinsmitglieder nutzen die Räume, um solo oder mit ihren Bands Musik zu machen. Die musikalische Bandbreite reicht von Pop und Rock über Indie bis hin zu Funk: Neben der Punkband „Nebenwirkung“, die im letzten Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum gefeiert hat, probt hier unter anderem auch die junge Bremer Popband „Havington“.
Schlüssel zum ersten Eigenheim
Jahrelang hangelte sich die Musikszene Bremen e.V. von einem Zwischennutzungsvertrag zum nächsten. 2016 war die Zukunft des Vereins dann plötzlich unklar. Der Mietvertrag lief aus, um das stark in die Jahre gekommene Gebäude weiter vermieten zu können, sah sich die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) gezwungen, Investitionen vorzunehmen. Nach langen Verhandlungen einigten sich WFB und Musikszene Bremen auf einen Erbbaurechtsvertrag. Der Verein übernimmt also für die kommenden 40 Jahre Rechte und Pflichten eines Eigentümers. Der dafür fällige Erbbauzins wird jährlich an die Stadt abgeführt.
Als am 1. Juli 2021 der Schlüssel zum Alten Zollamt an den Verein überreicht wurde, sagte Andreas Heyer, Vorstandsvorsitzender der Geschäftsführung der WFB: „Wir freuen uns, dass die Musikszene Bremen nun eine langfristige Perspektive in der Überseestadt hat und den Ortsteil mit ihren kulturellen Angeboten bereichert.“ Auch auf Seite des Vereins war die Freude über die neu gewonnene Sicherheit groß.
Bremen braucht über 100 weitere Proberäume
„Nachdem der Standort endlich gesichert ist, können wir uns wieder mehr auf unsere eigentliche Vereinsarbeit konzentrieren“, sagt Rösler. Dazu gehöre in erster Linie, sich für die Bremer Musikszene zu engagieren. „Wir setzten uns für die Erschließung von 100 bis 150 weiteren Proberäumen in Bremen ein, denn für eine lebendige Musikszene braucht man Orte, an denen Bands spielen können“, so die Kulturmanagerin. „Bremer Bands müssen hier wachsen und sich professionalisieren können, auch damit sie nicht in Städte wie Hamburg oder Berlin abwandern.“ Aus diesem Grund veranstaltet die Musikszene Bremen auch das Überseefestival, das sich zum festen Treffpunkt für regionale Bands entwickelt hat und jeden Sommer zwischen 2.000 und 3.000 Besucherinnen und Besucher anzieht. Seit 2016 ist das Line-up zu 100 Prozent bremisch. Von den über 100 Bands, die sich jedes Jahr bewerben, landen etwa 20 bis 25 auf der Bühne.
Safe Spaces und Nachbarschaftsprojekte
Seit diesem Jahr engagiert sich der Verein außerdem mit dem Projekt „WD*42“ für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Musikbranche. Geplant sind Workshops für Frauen und nicht binäre Menschen – zum Beispiel zum Thema Stimmbildung, Licht- oder Tontechnik. „Es geht darum, Safe Spaces für Menschen zu schaffen, die in unserer Branche unterrepräsentiert sind und gerne Musik oder Musikarbeit machen möchten“, erklärt Rösler.
Denkbar sind zudem Projekte mit alten und neuen Nachbarn in der Überseestadt. Vor drei Jahren ist die Tanzschule „Dance Industry“ auf das Gelände des ehemaligen Zollamts gezogen , mit der sich laut Rösler eine Kooperation anbieten würde. Und gleich um die Ecke plant der Verein „Zucker“ den Bunker an der Hans-Böckler-Straße in einen Kunst- und Kulturort mit Club zu verwandeln. „Wir freuen wir uns drauf, dass hier noch mehr Leben in die Bude kommt, und auf die Zusammenarbeit mit dem Zucker e.V.“, sagt Rösler dazu. „Elektronische Musik in Kombination mit handgemachter Mukke, das passt doch super!“
Erfolgsgeschichten
Mit der Praxiseröffnung von Georgios Koukos erweitert das Unternehmen DRVN ab Januar 2025 sein medizinisches Angebot für die Überseestadt. Zuletzt hatte Orthopäde Detlef Frobese seinen Sitz in das neue Gesundheits- und Präventionszentrum unter dem Dach des Schuppen Eins verlegt.
Mehr erfahrenAls Kunstprojekt gestartet, hat sich das Bremer Start-up ooley mit seinen nachhaltigen Designsocken am Markt etabliert. Gestaltet wird im Schuppen Eins in der Überseestadt, produziert wird in Italien, verkauft wird in 150 Geschäften sowie online. Im Sortiment sind auch Sockenmotive mit Lokalkolorit, sei es die Weser oder der Grünkohl.
Mehr erfahren auf der WFB-WebsiteEinst herrschte im Überseehafen rege Betriebsamkeit. Wo Schiffe aus aller Welt an- und ablegten und Container verladen wurden, wächst heute die Überseestadt. In ihrem künstlerisch verdichteten Audiowalk lässt Regisseurin Katrin Bretschneider den ehemaligen Hafen durch Musik, Klänge, O-Töne und vereinzelte Bilder vor dem inneren Auge eine Zeit lang wieder auferstehen.
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