Zucker-Bunker in der Überseestadt
KulturWas das Zuckerkollektiv vorhat
Das Zucker-Netzwerk aus Bremer Kunst- und Kulturschaffenden hat über 60 Immobilien besichtigt, bis es endlich eine neue Heimat gefunden hat. Im März 2021 hat der Verein einen Erbpachtvertrag über eine Laufzeit von 70 Jahren für den Bunker in der Hans-Böckler-Straße mit der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH geschlossen. Die WFB und das Wirtschaftsressort hatten sich zuvor erfolgreich darum bemüht, Bedenken der Grundstücksnachbarn hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung ihrer Betriebsabläufe auszuräumen und machten so den Weg für den "Zucker-Club" frei. Was genau ist dort geplant? Und was bedeutet das für die Überseestadt? Diese Fragen haben wir Lars Lammers von LPR. Architekten gestellt, der das Projekt seit sechs Jahren begleitet.
Herr Lammers, die Zucker-Fans warten schon lange darauf, dass es in der neuen Location weitergeht. Wann also wird der Bunker endlich für die Öffentlichkeit zugänglich sein?
Die Arbeiten am Bunker haben im Dezember des vergangenen Jahres offiziell begonnen. Los ging’s mit der Entrümpelung und anderen vorbereitenden Tätigkeiten innerhalb des Gebäudes. Später folgt der Umbau. Wenn alles nach Plan läuft, kann der Zucker-Club im Herbst 2022 nach Ende der Freiluftsaison offiziell eröffnen.
Das klingt als sei der Umbau eines Bunkers schnell erledigt. Ist das so ein Klacks?
Also wir haben ein paar Erfahrungswerte beim Bunkerumbau, und wissen und wissen deshalb, wie so etwas läuft. Schwierig ist es zum Beispiel, Fenster einzubringen. Gerade beim Diakonissenbunker, der zwei Meter dicke Außenwände hat, stellt das eine Herausforderung dar. Da können wir nicht einfach ein großes Teil aus der Außenwand schneiden und dann am Stück abtransportieren, weil so ein Kubikmeter Beton circa 2,4 bis 2,5 Tonnen wiegt. Stattdessen müssen wir Trennschnitte vornehmen und die Teilstücke einzeln verladen. Das Gute ist aber, dass wir am Diakonissenbunker nicht viele solcher Öffnungen benötigen und die Arbeiten insgesamt weniger aufwändig sind als bei einer Umwandlung in Wohnraum. Im Inneren des Bunkers nehmen wir lediglich einen Teil der vorhandenen Geschossdecke für den Mainfloor raus. Einen 2,65 Meter hohen Raum verwandeln wir so in einen Saal mit einer Höhe von etwa 5,50 Metern. Auf dem Plan stehen außerdem die Ausstattung mit Brandschutztüren, Lüftungen und andere technische Gebäudeausrüstungen. Allerdings ist es auch wichtig zu betonen, dass das Bauvorhaben den gleichen Marktgesetzten unterliegt wie andere Projekte und in diesem Zusammenhang sind die Entwicklungen der Baumaterialkosten in den vergangenen Monaten schon eine Herausforderung.
Dann nehmen Sie uns doch mal mit auf eine kleine Zeitreise in den Herbst 2022: Was wird die Besucherinnen und Besuchern erwarten, wenn sie das Gebäude betreten?
Das Zucker-Kollektiv wünscht sich, dass der Bunker im Wesentlichen als solcher erkennbar bleibt. Aus diesem Grund soll es dort auch eine Dauerausstellung zur Geschichte des Diakonissenbunkers geben. Es wird also so sein, dass man das Gebäude betritt und dann über Treppen in die fünf Geschosse gelangt, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Ein ergänzender Aufzug im Bunker ist ebenfalls in Planung. Unten sind die Ausstellungsräume und weiter oben kommen dann noch zwei Dancefloors, ein Haupt- und ein Nebenfloor. Ich kann mir vorstellen, dass das ein ziemliche beeindruckendes Gefühl sein wird, wenn man erst durch diese flachen Flure läuft und dann plötzlich in einem großen Saal steht.
Was meinen Sie, was für ein Publikum wird der Zucker-Bunker anziehen?
In erster Linie werden wohl Bremerinnen und Bremer kommen, aber auch überregionale Besuchende – sogar aus benachbarten Ländern – sind beim Zucker aufgrund der Bekanntheit und hervorragenden Vernetzung in der europäischen Szene keine Seltenheit. Als der Bauantrag für den Bunker genehmigt wurde, hat sofort eines der führenden internationalen Online-Magazine für elektronische Tanzmusik darüber berichtet. Die Aufmerksamkeit, die dem Projekt innerhalb der Szene zuteil wird, ist also nicht zu unterschätzen.
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Und wie wird sich dieses Projekt auf die Überseestadt auswirken?
Ich denke, dass die Entscheidung dieses Mikroprojekt auf einer Fläche von 18 mal 24 Meter zuzulassen, dem Quartier sicherlich sehr gut tun wird. In der Überseestadt passiert viel Gutes und Richtiges und es kann nur noch besser werden, wenn eine schöne Durchmischung erreicht wird. Der Zuckerbunker wird ein Schutzort für Subkultur, an dem sich Kreative ausprobieren können – und ich finde es gut, dass sich Bremen traut, dieses Experiment einzugehen. An dieser Stelle müssen auch die WFB und die beteiligten senatorischen Behörden genannt werden, die sehr unterstützt haben, obwohl da sicher zwei sehr unterschiedliche Welten aufeinander getroffen sind und es nicht immer einfach war. Ich kann mir vorstellen, dass auch viele andere Menschen auf Anhieb nur wenig mit subkulturellen Projekten anfangen können. Trotzdem glaube ich, dass uns solche Vorhaben als Gesellschaft guttun. Denn wenn wir immer alles regeln, können wir auch keinen positiven Überraschungen erwarten. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auch mal Freiräume leisten, damit daraus etwas Neues entstehen kann.
Erfolgsgeschichten
Mit der Praxiseröffnung von Georgios Koukos erweitert das Unternehmen DRVN ab Januar 2025 sein medizinisches Angebot für die Überseestadt. Zuletzt hatte Orthopäde Detlef Frobese seinen Sitz in das neue Gesundheits- und Präventionszentrum unter dem Dach des Schuppen Eins verlegt.
Mehr erfahrenAls Kunstprojekt gestartet, hat sich das Bremer Start-up ooley mit seinen nachhaltigen Designsocken am Markt etabliert. Gestaltet wird im Schuppen Eins in der Überseestadt, produziert wird in Italien, verkauft wird in 150 Geschäften sowie online. Im Sortiment sind auch Sockenmotive mit Lokalkolorit, sei es die Weser oder der Grünkohl.
Mehr erfahren auf der WFB-WebsiteEinst herrschte im Überseehafen rege Betriebsamkeit. Wo Schiffe aus aller Welt an- und ablegten und Container verladen wurden, wächst heute die Überseestadt. In ihrem künstlerisch verdichteten Audiowalk lässt Regisseurin Katrin Bretschneider den ehemaligen Hafen durch Musik, Klänge, O-Töne und vereinzelte Bilder vor dem inneren Auge eine Zeit lang wieder auferstehen.
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